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Kolbenringverschleiss kurz nach der Motorüberholung

  • Kolben ohne Schäden und Verschleiß.
  • Kolbenringe oberflächlich betrachtet ohne Verschleißspuren, bei genauerer Betrachtung: Abnormale Abnutzung der ölabstreifenden Ringkanten, vornehmlich Ringunterkanten (siehe Vergrößerung).
  • Fühlbarer Grat an der Unterkante der Kolbenringlauffläche.
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Durch die abgenutzten Kolbenringkanten entstehen zwischen den Laufflächen der Kolbenringe und der Zylinderlaufbahn hohe hydrodynamische Kräfte (Abb. 2) aufgrund einer sogenannten Ölkeilbildung.
Die Kolbenringe schwimmen bei der Auf- und Abwärtsbewegung des Kolbens auf dem Ölfilm auf und heben sich geringfügig von der Zylinderlaufbahn ab. Das Schmieröl gelangt so vermehrt in den Verbrennungsraum und verbrennt.
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Die Gratbildung entsteht, wenn die Kolbenringe nach der Motorüberholung keine optimalen Verhältnisse vorfinden. Die Gründe liegen vornehmlich an einer ungenügenden oder ungeeigneten Zylinderendbearbeitung. Wenn beim Fertighonen stumpfe Honsteine verwendet werden oder mit zu hohem Druck gehont wird, entstehen an der Zylinderwand Grate und Erhebungen. Diese Metallspitzen werden in Bearbeitungsrichtung umgebogen (Abb. 3). Man spricht hier von einer Blechmantelbildung, die zu einer erhöhten Reibung in der Einlaufphase führt und verhindert, dass sich Motoröl in den feinen Graphitadern einlagern kann.

Werden diese Grate nicht durch einen abschließenden Bearbeitungsgang – dem Plateauhonen – entfernt, kommt es während der Einlaufphase zu einem frühzeitigen Verschleiß an den Kolbenringkanten. Die Kolbenringe übernehmen dabei ungewollt das Abtragen des Blechmantels und die Reinigung der Graphitadern. Dies führt jedoch zu einer Abnutzung der Kolbenringkanten und zu der Gratbildung. Ein so entstandener Grat an der Kolbenringkante läuft sich erfahrungsgemäß nur sehr schwer ab. Die geschädigten Kolbenringe müssen ausgewechselt werden.

Ein ersatzweise eingebauter zweiter Kolbenringsatz findet wesentlich günstigere, nahezu normale Laufverhältnisse vor. Denn der erste Kolbenringsatz hat die unvorteilhafte Randschicht auf der Zylinderlaufbahn, den Blechmantel, durch Verschleiß weitestgehend abgetragen. Nach dem Auswechseln der Kolbenringe normalisiert sich der Ölverbrauch. Vielfach wird dies fälschlicherweise einer schlechten Materialqualität der zuerst eingebauten Kolbenringe zugeschrieben.
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Die mikroskopische Vergrößerung in Abb. 4 zeigt die umgebogenen Spitzen durch den Schnitt der Zylinderoberfläche nach dem unvorteilhaften Honen der Zylinderlaufbahn (Blechmantel). Abb. 5 zeigt die Oberfläche nach dem Plateauhonen. Die Grate und Spitzen wurden weitestgehend entfernt und die Graphitadern freigelegt. Die Kolbenringe haben gute Bedingungen für einen Einlauf und somit eine hohe Lebensdauer. Besonders wirksam ist die Herstellung des Plateaus durch Honbürsten.
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