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Abb. 1: Mischreibung – Kolbenring und Zylinderwand haben metallischen Kontakt

Abdichtprobleme und Kolbenringschäden

Kraftstoffüberschwemmung

KS | Kolbenschmidt | Motorservice
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Informationen zur Diagnose

Eine Kraftstoffüberschwemmung führt oft zu Schäden an Kolbenringen. Warum werden die Gründe für verschlissene Kolbenringe oft falsch interpretiert? Wie es zu einer Kraftstoffüberschwemmung kommt, lesen Sie in diesem Beitrag.

Nach Schmutzschäden sind Schäden und Verschleiß durch Kraftstoffüberschwemmungen die zweithäufigste Schadensursache bei Kolbenringen. Bei der Kraftstoffüberschwemmung wird der Ölfilm auf der Zylinderwand so stark in Mitleidenschaft gezogen, dass die Kolbenringe metallisch auf der Zylinderwand reiben und sehr schnell an radialer Wanddicke verlieren. Metallischer Kontakt der Kolbenringe mit der Zylinderwand (Abb. 1) darf nur kurzzeitig und in Ausnahmefällen (z. B. beim Kaltstart) auftreten und ist im übrigen Motorbetrieb nicht zulässig. Die Lebensdauer von Kolben, Kolbenringen und Zylinderbohrungen leidet erheblich und wird dramatisch verkürzt. Im Normalzustand sind die Gleitpartner immer durch einen Ölfilm metallisch getrennt (Abb. 2). Der Ölfilm muss hierbei also dicker sein als die Unebenheiten auf den Oberflächen der Gleitpartner. 

Im Motorbetrieb kommt es durch Verbrennungsstörungen häufig zur Ansammlung und auch zur Kondensation von Kraftstoff auf der Zylinderwand. Der Ölfilm wird dabei verdünnt oder abgewaschen. Die entstehende Mischreibung lässt die Kolbenringe innerhalb weniger tausend Kilometer völlig verschleißen. Die Leistung sinkt und der Ölverbrauch des Motors steigt.

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Abb. 1: Mischreibung – Kolbenring und Zylinderwand haben metallischen Kontakt

Mischreibung führt zu sehr starkem radialem Verschleiß an den Kolbenringen und der Zylinderoberfläche. Dieser ist sehr leicht an den beiden Abstreifstegen des Ölabstreifringes erkennbar. In Abb. 3 ist ein neuer und ein durch Mischreibung verschlissener Ölabstreifring zu sehen. Die beiden Abstreifstege sind völlig abgetragen. Der Motor, aus dem der Ring stammt, litt unter exzessivem Ölverbrauch. Derartiger radialer Verschleiß, der nicht nur an den Ölabstreifringen auftritt, lässt sich fast immer einer Kraftstoffüberschwemmung zuordnen. 

Besonders dann, wenn der Verschleiß nicht an allen Kolben gleichermaßen ausgeprägt ist, kann nur ein Mischreibungsverschleiß durch Kraftstoffüberschwemmung vorgelegen haben. Dieser Fall tritt sogar sehr häufig auf und dient als Beweis dafür, dass die Ringe nicht etwa durch eine vermutete schlechte Materialqualität oder fehlerhafte Zylinderbearbeitung verschlissen sind. Das wäre dann gleichmäßig an allen Kolben und Kolbenringen der Fall und nicht nur an bestimmten Zylindern.

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Abb. 2: ausreichend dicker Ölfilm – kein metallischer Kontakt

Mischreibungsverschleiß durch Kraftstoffüberschwemmung kommt bei Benzin- und Dieselmotoren gleichermaßen vor. 

Beim Benzinmotor sind häufige Kurzstreckenfahrten (vor allem bei älteren Vergasermotoren) und Zündaussetzer die Hauptursachen. Benzinmotoren benötigen zum Anspringen und in der Warmlaufphase eine sehr viel höhere Kraftstoffmenge als im betriebswarmen Zustand. Bei häufigem Kurzstreckenbetrieb kann unter Umständen der an der Zylinderwand kondensierte und anhaftende Kraftstoff nicht verdampfen und verbindet sich mit dem Motoröl. Dadurch kommt es zur Ölverdünnung und aufgrund des Viskositätsverlustes des Motoröls zur Mischreibung. Beim Benzinmotor kommt es auch durch fehlerhafte Zündkerzen oder Zündspulen zur Kraftstoffüberschwemmung, da sich der Kraftstoff nicht entzündet und dadurch nicht verbrannt wird. 

Bei Dieselmotoren entzündet sich die eingespritzte Kraftstoffmenge an der hoch verdichteten Luft im Verbrennungsraum. Bei fehlender Kompression (schlechte Füllung) oder bei schlechter Kraftstoffqualität kommt es zum Zündverzug, zu unvollständiger Verbrennung und zur Ansammlung flüssigen Kraftstoffs im Verbrennungsraum.

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Weitere Gründe für Kraftstoffüberschwemmungen beim Dieselmotor sind

  • fehlerhafte und undichte Einspritzdüsen
  • Fehler an der Einspritzpumpe und deren Einstellung
  • fehlerhaft verlegte und befestigte Einspritzleitungen (Schwingungen)
  • mechanische Fehler (Kolbenanschlag am Zylinderkopf) durch falsches Kolbenüberstandsmaß, verursacht durch Nacharbeit an Dichtflächen und der Verwendung von Zylinderkopfdichtungen mit falscher Dicke
  • schlechte Füllung durch verstopfte Luftfilter
  • schlechte Füllung durch defekte oder verschlissene Turbolader
  • schlechte Füllung durch verschlissene oder gebrochene Kolbenringe
  • schlechte Kraftstoffqualität (schlechte Selbstentzündung und unvollständige Verbrennung)

ACHTUNG

Auch bei dieser Art von Schaden muss unterschieden werden, ob der Verschleiß nur an bestimmten oder an allen Zylindern vorliegt. Bei Schäden an allen Zylindern kommt dafür eben eher eine globale Ursache, wie schlechte Kraftstoffqualität oder eine schlechte Füllung in Betracht. Bei einzelnen Zylindern sind eher fehlerhafte Einspritzdüsen, Einspritzleitungen, Zündkerzen oder die Hochspannungsleitungen die in Frage kommenden Verursacher.

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